Was hat die Knoblauchpresse mit dem Velo gemeinsam? Der Erfinder dieses Küchenutensils, Karl Zysset, ein Schweizer Fahrradmechaniker, liess sich vom Prinzip des Bremshebels inspirieren.
Ob Fondue, herzhaftes Risotto oder indisches Linsencurry – Knoblauch sorgt für die gewisse Tiefe und Würze in Gerichten. Doch nicht immer ist der intensive Geschmack erwünscht – wer gerne mit frischem Knoblauch kocht, drückt nach dem Klein- schneiden lieber zweimal auf den Seifenspender, um den stren- gen Nachgeschmack von den Händen zu bekommen. Prakti- scher und schneller geht es mit der Knoblauchpresse: Ganze Zehe hineinlegen, Griff zusammendrücken und finito. Die clevere Schnibbelhilfe ist eine Schweizer Erfindung, die in Haushalten rund um den Globus zu finden ist – Grund genug, dem erfolgrei- chen Küchenutensil einen Platz in der Serie zu Schweizer Erfin- dungen zu widmen (nach 2023 Klettverschluss, 2022 Barryvox und 2021 Menzi Muck).
Alles im Griff
Die Geschichte der Knoblauchpresse beginnt Ende der 1940er-Jahre. Karl Zysset (1907–1988) führte damals ein Velo-
geschäft in Lyss (BE). Inspiriert vom Prinzip der Handbremse, tüftelte er 1948 an einem Gerät, womit sich Knoblauchzehen pressen lassen. Der geschwungene Griff seines ersten Modells besteht aus Aluminium und liegt ähnlich in der Hand wie da-
malige Fahrradbremshebel. Der Unterschied: «Bei der Bremse wird die Kraft vom Zusammendrücken auf einen Bautenzug übertragen. Anders bei der Küchenhilfe – dort wirkt die Hebel- kraft direkt auf den Zwischenraum der beiden Gegenstücke, sodass diese als Presse funktionieren», erklärt Michael Steffens,der heute für die Produkte und das Marketing der Marke Zyliss weltweit zuständig ist. Damit die Knoblauchzehen nicht entweichen können, konzipierte Zysset eine Kammer sowie einen freipendelnden Stempel, der die Zehe durch die gelöcherte Öffnung stösst.
Handliches Design
Für die Produktion und den Vertrieb seiner Erfindung setzt Zysset alles auf eine Karte: Er gibt sein Velogeschäft auf und gründet
1951 die Firma Zylyss, eine Wortkombination aus seinem Nach- namen und seinem Wohnort Lyss. «Sein Ziel war es, mit tech- nischen Innovationen und ausgeklügeltem Design Freude in die Küche zu bringen», erzählt Steffens.
Zyssets Idee kommt gut an. 1952 verleiht der Schweizerische Werkbund seiner Kreation die Auszeichnung «Die gute Form» und lobt sowohl die Schlichtheit wie auch die überzeugende Ergonomie. Das Prinzip seines ersten Modells «Susi» setzt sich bis heute durch, auch wenn es im Laufe der beiden Nachfolge- modelle ein paar Anpassungen gab. Nebst der Modernisierung der Materialien und der Ergonomie gab es zwei Hauptverän- derungen: «Die Kammer wurde erweitert, damit auch grössere
Zehen in einem Durchgang gepresst werden können. Zudem erhielt das Presssieb eine Optimierung, damit auch ungeschälte Zehen direkt eingelegt werden können», führt Steffens durch die Evolution des Küchenutensils. Zudem enthält die aktuelle dritte Version eine kleine Reinigungsbürste. Auch dieses Modell trägt noch immer den Namen Susi. Woher dieser stammt? «Das haben wir uns auch schon oft gefragt. Der Name ist auf den ersten Modellen eingestanzt, aber mehr wissen wir leider nicht – ein Geheimnis, das sich nicht aus ihr herauspressen lässt», so Steffens.